Eine Gegendarstellung
Sehr geehrter Herr Palitzsch,
am 12. April haben Sie über das Online-Angebot der Südwestpresse und vermutlich auch über das Printmedium der Bietigheimer Zeitung, einen Artikel zum Thema Graffiti auf Brückenpfeilern und Schilderbrücken entlang der A81 veröffentlicht. Im Vordergrund stand dabei der dominierende Schriftzug DRB und die polizeiliche Ermittlungsgruppe, die sich auf die Suche nach den Verursachern gemacht hatte.
Wirft man einen Blick in Ihre Vita und Ihre sonstigen Publikationen, so kann man feststellen, dass dieses Thema Neuland für Sie war und Sie sich sonst eher mit anderen Geschehnissen beschäftigen. Trotzdem haben Sie sich diesem Thema angenommen und haben einen – zu meiner persönlichen Freude – eher wohlwollenden Artikel verfasst.
Sie wählten für den Artikel den wirklich gelungenen Titel „DRB grüßt von der Schilderbrücke“, durch den die Schriftzüge zu freundlichen Begleitern auf der Autobahn werden. Auf das übliche Vokabular wie Schmiererei, Vandalismus, Sachbeschädigung und Zerstörungswut verzichteten Sie.
Neben Ihren Gesprächen mit der Ludwigsburger Polizeisprecherin und der Pressereferentin des Regierungspräsidiums Stuttgart haben Sie sich selbst im Internet auf Spurensuche gemacht. Dort wurden Sie fündig und verwendeten Ihre neuen Erkenntnisse für den Artikel.
So fanden Sie Informationen über eine DRB-Crew aus Stuttgart und zogen Rückschlüsse auf eine mögliche Verbindung zu den DRB-Schriftzügen entlang der A81. Das ist vollkommen legitim, ein mögliches Indiz und sicherlich eine gute Grundlage für eine weitere Recherche. Leider ist Ihnen im Anschluss ein journalistischer Fauxpas unterlaufen, den ich Ihnen nun gerne darlegen möchte.
So schreiben Sie:
„DRB“ stehe für „Die Reagge Boys“ [sic!] und als Spaßname für „Don’t Read Books“.
Zwar verwenden Sie hier den Konjunktiv, allerdings ist diese Aussage mehr als zweifelhaft. Möchte ich Ihre Recherche nun verifizieren, so finde ich bei der Suchmaschine meines Vertrauens genau 3 Treffer. Der erste ist nun Ihr Artikel, der zweite Treffer ist eine Antwort bei gutefrage.net und der dritte offensichtlich eine englische Übersetzung des Kommentars bei gutefrage auf reddit.com.
Es gibt also genau eine Quelle für diese Aussage. Auf gutefrage.net. Eventuell kommt die Aussage allerdings von einer namhaften Persönlichkeit oder kann man zumindest von den weiteren Antworten dieses Users auf gewisses Fachwissen Rückschlüsse ziehen? Ääääh, beides eher… Nein. Es ist also die Aussage von irgendwem und damit zwar zitierfährig, aber nicht zitierwürdig.
Ein paar Mausklicks entfernt sind Sie dann auf einen Stuttgarter Online-Blog gestoßen und Ihnen sprangen förmlich schon die bunten Autobahnschilder entgegen. Jackpot. Sogar ein Kontaktformular ist vorhanden, wo man sich sehr bedeckt gibt.
Sie schreiben wie folgt:
So sei die Crew nicht der richtige Ansprechpartner, wenn man sich über Vandalismus beschweren wolle oder wenn man einen Graffitikünstler für eine Auftragsarbeit suche. Man sei auch kein Ansprechpartner für Journalisten. „Wir möchten nicht mit euch reden. Egal über welches Thema.
Ziemlich sicher.“ Man sei auch nicht der richtige Ansprechpartner für private Ermittler oder Polizeibeamte, deren Anfragen auf Ermittlungen hindeuten, die dies laut Crew jedoch verschweigen.
„So hört man kleine Mädchen aus. Spart euch und uns die Zeit“, so die Crew auf ihrer Homepage.
Es passt alles so gut ins Bild. Recherche abgeschlossen. Eine Erklärung für die Entstehung der Schriftzüge ist gefunden, eine Bedeutung der drei Buchstaben und mit der „Crew Homepage“ hat man auch noch Indizien für einen möglichen Täter. Dabei wurde doch sogar die polizeiliche Ermittlungsgruppe eingestellt. Ein Wahnsinnsfund.
„Ja, alles passt. Aber prüf‘ noch mal die Quelle, Jörg“, wispert eine leise Stimme. Es ist der kleine Pressekodex, ständiger Begleiter eines jeden Journalisten. Aber im Siegesrausch droht die Stimme unterzugehen. Ein letztes verzweifeltes „Jörg, Ziffer 2 – Sorgfaltspflicht… Bitte… Es kostet Dich nur wenige Sekunden..“ verhalt im Nirgendwo.
Herr Palitzsch, Sie hätten auf diese Stimme hören sollen. Sie haben nicht die Homepage der DRB-Crew entdeckt, sondern diesen Online-Blog hier, mit dem Titel stgtspottings.com Vermutlich sind Sie nicht über die Hauptseite auf diesen Blog gekommen, sondern über das Schlagwort DRB und somit waren die angezeigten Fotos nur sehr selektiv. Das ist unglücklich, aber hätte man mit wenig Aufwand erkennen können.
Wir sind nicht die DRB-Crew und dies ist auch nicht die Webseite der DRB-Crew. Wir geben weder vor die DRB-Crew zu sein, bemalen keine Schilderbrücken und haben auch keine personellen Überschneidungen mit der Crew. Wir dokumentieren Graffiti aus Stuttgart. Unter anderem das von der DRB-Crew und auch teilweise die Schilderbrücken mit dem Schriftzug DRB. Allerdings noch viel mehr.
Bitte werten Sie diesen Beitrag nicht als persönlichen Angriff gegen Ihre Person. Wie schon bereits im Vorfeld erwähnt, haben uns Teile des Artikels sehr gut gefallen. Aber das mit der Online-Recherche war leider nichts.
Normalerweise hätten wir uns zu dem Artikel nicht weiter geäußert, da Sie allerdings diesen Blog – wenn auch nicht namentlich – als offiziellen DRB-Crew-Blog betitelt oder ggf. enttarnten, haben Sie uns zu dieser Gegendarstellung gezwungen, schon alleine als Präventivschutz.
Der kleine Pressekodex würde an dieser Stelle eventuell noch mal flüstern: „Ziffer 3, Richtigstellung.“ – aber das bleibt Ihnen überlassen, wir fordern nichts von Ihnen ein.
Wir laden Sie herzlich dazu ein, nochmal einen Blick in unser Archiv zu werfen. Da gibt es jenseits der Buchstaben D, R und B noch viel zu entdecken und vielleicht haben Sie auch jenseits der A81 Ihre Freude damit.
Ansonsten Ihnen alles Gute. Liebe Grüße aus Stuttgart.
PS: Scheinbar hat noch jemand anderes Ihren Artikel wohlwollend aufgenommen oder sich davon inspirieren lassen. Vielleicht ist es aber auch nur Zufall.